Abstract
M.E. ist die Verwandlung das wichtigste Moment des Märchens. Die Verwandlung ist eine essentielle Veränderung und, vielleicht kann man jede große Veränderung als eine Verwandlung betrachten, jedoch finde ich die Verwandlungen, die mit Symbolen ausgedrückt werden, zur Interpretation besonders geeignet. Das Märchen ist ein Gegenpol zu unserer materiell und technisch geprägten Welt, und die Kraft der bildreichen Sprache zeigt sich dort, wo die Sprache der Logik und des rationalen Denkens verstummen. Nach Carl Gustav Jungs analytischer Psychologie ist es sinnvoll, die Figuren und die Vorgänge im Märchen symbolisch zu deuten. Einige Motive und Details der Märchen sind bewusst gestaltet, dennoch gibt es eine Reihe Vorstellungen und Auffassungen, die unbewusst in die Märchen eingeflossen sind. Dies kommt durch die symbolische Ausdrucksform, die über den externen Referenten hinausweist, zum Ausdruck. Das Märchen ist nicht in Zeit und Raum eingeordnet, und diese Loslösung von der realen Welt bestätigt die Bedeutung des Märchens als universell und allgemein. Sowohl ein reicher Symbolgebrauch als auch das fehlende explizite Reflektieren verkleinert die Entfremdung zwischen historisch und gesellschaftlich gespaltenen Generationen. Das Märchen ist ein wichtiges Erzählgut, weil die mündliche Überlieferung von Mensch zu Mensch die individuelle Prägung abschwächt, während die kollektive Prägung betont wird. Die mythische Dimension des Märchens ist deswegen eine Quelle zu immer geltenden Wahrheiten des menschlichen Lebens.